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IT-Security / Informationssicherheit

Im Kontext technischer Systeme und der Informationsverarbeitung gewinnt die differenzierte Betrachtung von Safety und Security zunehmend an Bedeutung. Trotz ihrer unterschiedlichen Ausrichtung – Safety fokussiert auf den Schutz vor unbeabsichtigten Ereignissen, während Security den Schutz vor vorsätzlichen Angriffen adressiert – erfordert die Digitalisierung und Vernetzung technischer Systeme eine integrative Sichtweise.

Motivation

Die fortschreitende Digitalisierung der Industrie und die zunehmende Komplexität technischer Infrastrukturen machen die Integration von Safety und Security zu einer wissenschaftlichen und technischen Notwendigkeit. Traditionell getrennt behandelte Bereiche erweisen sich in der Praxis als zunehmend abhängig, bedingt durch die gemeinsame digitale Basis moderner Systeme.

Einordnung von Safety und Security

Technische Betriebssicherheit (Safety)

Safety bezieht sich auf den Schutz vor unbeabsichtigten Bedrohungen, die zu Schädigungen oder Unfällen führen können. Das Ziel von Safety-Maßnahmen ist die Minimierung von Risiken durch technisches Versagen oder menschliche Fehler, um physische Schäden oder Gefährdungen zu verhindern. Vergleiche Kapitel SAFETY

IT-Sicherheit (Security )

Im Gegensatz zu Safety konzentriert sich Security auf die Abwehr von beabsichtigten, bösartigen Bedrohungen gegen die Vertraulichkeit, Integrität und Verfügbarkeit von Systemen und Daten. Security umfasst die Gesamtheit der Maßnahmen zum Schutz vor Angriffen, Diebstahl, Sabotage oder unberechtigtem Zugriff.

Zuverlässigkeit durch Safety und Security

Die Zuverlässigkeit technischer Systeme hängt maßgeblich von den Aspekten Safety und Security ab. Die Herausforderung liegt in der integrierten Berücksichtigung beider Aspekte, um Systemausfälle zu verhindern und die Zuverlässigkeit zu erhöhen. Eine effektive Umsetzung von Safety- und Security-Maßnahmen steigert somit die Gesamtzuverlässigkeit eines Systems. Die Abhängigkeiten zwischen physischen und informationstechnischen Systemen erfordern eine gemeinsame Betrachtung, um Schwachstellen effektiv zu adressieren und zu beheben. Beispielsweise kann eine Sicherheitslücke in der IT-Infrastruktur nicht nur Datenrisiken, sondern auch physische Sicherheitsrisiken nach sich ziehen.

Konflikte zwischen Safety und Security

Ressourcenallokation: Die Ressourcen (Zeit, Geld, Personal) können begrenzt sein, und die Priorisierung der einen kann zu Lasten der anderen gehen. Zum Beispiel könnte ein übermäßiger Fokus auf Security-Maßnahmen Ressourcen von wichtigen Safety-Maßnahmen abziehen und umgekehrt.

Design- und Implementierungskonflikte: Einige Sicherheitsmaßnahmen könnten im Widerspruch zu Sicherheitsanforderungen stehen. Ein Beispiel hierfür ist die Zutrittskontrolle: Während aus Sicherheitsgründen ein restriktiver Zutritt wünschenswert ist, könnte dies im Notfall die Rettungsdienste behindern und somit die Sicherheit gefährden.

Datenzugriff und Privatsphäre: Security-Maßnahmen, die eine Überwachung und das Sammeln von Daten erfordern, können in Konflikt mit dem Datenschutz und der Privatsphäre der Nutzer stehen, was wiederum safety-relevante Aspekte beeinflussen kann, insbesondere in Bereichen, die eine anonyme Datenerhebung erfordern.

Regulatorische und normative Herausforderungen: Unterschiedliche und manchmal widersprüchliche Vorschriften und Normen für Safety und Security können zu Herausforderungen in der praktischen Umsetzung führen. Organisationen müssen häufig einen Kompromiss finden, der nicht immer optimal für beide Aspekte ist.

Grundlagen der Security

Schutzziele

Im Kontext der Informationstechnologie (IT) ist die Gewährleistung von Sicherheit essenziell für die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit und Vertrauenswürdigkeit digitaler Systeme. Die industrielle Anwendung fokussiert dabei auf vier fundamentale Schutzziele: Vertraulichkeit, Authentizität, Integrität und Verfügbarkeit. Diese Ziele bilden das Gerüst für ein umfassendes Verständnis und die Implementierung effektiver IT-Sicherheitsmaßnahmen. Vertraulichkeit bezieht sich auf den Schutz sensibler Informationen vor unbefugtem Zugriff. In der Literatur wird dieses Ziel oft durch die Anwendung kryptografischer Verfahren zur Verschlüsselung von Daten adressiert, deren Ziel es ist, die Lesbarkeit der Informationen ausschließlich autorisierten Entitäten vorzubehalten. Durch starke Verschlüsselungsstandards kann die Vertraulichkeit auch in unsicheren Netzwerken sichergestellt werden. Authentizität zielt darauf ab, die Echtheit eines Kommunikationspartners oder einer Information oder einer Software zu bestätigen. Die Authentizitätsprüfung wird in der Praxis durch Methoden wie digitale Signaturen und Authentifizierungsprotokolle realisiert. Diese Techniken ermöglichen die Überprüfung der Identität einer Quelle oder eines Nutzers und sind grundlegend, um die Authentizität von Systemen und Identitäten zu gewährleisten. Die Integrität sichert, dass Daten während ihrer Speicherung oder Übertragung nicht verändert, manipuliert oder auf andere Weise beschädigt werden. Durch den Einsatz von Hashfunktionen und Integritätsprüfmechanismen werden Modifikation an den Ursprungsdaten erkannt. Die Integrität ist entscheidend, um die Zuverlässigkeit und Korrektheit der Daten in IT-Systemen zu sichern. Das Schutzziel der Verfügbarkeit garantiert einen stetigen Zugriffs auf Systeme, Funktionen, Ressourcen und Informationen, insbesondere im Falle eines Angriffs oder Ausfalls. In der Praxis kommen hierbei häufig redundante Systeme, effiziente Netzwerkarchitekturen und robuste Recovery-Strategie zum Einsatz, um die kontinuierliche Funktionsfähigkeit von Funktionen und Diensten sicherzustellen. Aus praktischer Sicht besteht die Notwendigkeit eines ganzheitlichen Sicherheitsansatzes, der die unterschiedlichen Aspekte der IT-Sicherheit integriert behandelt. Die Abhängigkeiten der Schutzziele erfordert eine ausgewogene Berücksichtigung aller vier Aspekte, um ein effektives Sicherheitsniveau zu erreichen.

Technische Maßnahmen

Anmerkung JP: Kryptografie, Key Management, Systemsicherheit, Softwaresicherheit, Hardwaresicherheit, Netzwerksicherheit, Security-by-Design, Secure Coding, (ggf. erweitern)

Organisatorische Maßnahmen

Anmerkung JP: Need-to-Know-Prinzip, Least-Privilege Prinzip, Separation of Duties, Job Rotation, Security Management (vergl. ISMS, evtl. weiter aufdröseln), Incident Management, Patch Management, (ggf. erweitern)

Security in der Praxis

Die Messung von IT-Sicherheit ist nicht trivial, da der Grad der Sicherheit von Produkten und Systemen nicht direkt messbar ist wie physikalische Größen. Stattdessen müssen indirekte Indikatoren, Metriken und Modelle herangezogen werden, um die Sicherheitseffektivität zu bewerten. Im Folgenden wird ein Überblick über die Vorgehensmodelle und gängiger Methoden zur Messung der IT-Sicherheit gegeben und anschließend auf die rechtlichen Rahmenbedingungen sowie relevante Standards eingegangen.

Vorgehensmodelle zum Messen von Security

Die Messung von IT-Sicherheit beginnt mit der Definition von Zielen und Kriterien, die die Sicherheitsanforderungen des Systems widerspiegeln. Diese Anforderungen basieren häufig auf den drei Grundpfeilern der IT-Sicherheit: Vertraulichkeit, Integrität und Verfügbarkeit (CIA-Prinzip). Zusätzlich können je nach Kontext weitere Aspekte wie Authentizität, Zurechenbarkeit und Nicht-Zurückweisbarkeit relevant sein. Deren Erfüllungsgrad lässt sich dann anhand von detaillierten Analysen des Systems bestimmen. Die meisten Ansätze verfahren dabei Risikobasiert, d.h. es wird zunächst eine Risikoanalyse zur Bestimmung der wesentlichen Schwachstellen und deren Schadenspotential durchgeführt. Die Risikoanalyse in der IT-Sicherheit zielt darauf ab, potenzielle Bedrohungen für Informationssysteme zu erkennen und die dadurch verursachten potenziellen Schäden sowie die Wahrscheinlichkeit ihres Auftretens zu bewerten. Sie beinhaltet die systematische Betrachtung von Schwachstellen, Bedrohungsvektoren und potenziellen Auswirkungen eines Sicherheitsvorfalls. Die Risikoanalyse bildet die Basis für das Risikomanagement und die Entwicklung effektiver Sicherheitsstrategien. Modelle wie STRIDE, DREAD, TARA und CVSS helfen dabei, Sicherheitsbedrohungen zu klassifizeren. Jedes dieser Modelle und Frameworks bietet spezifische Perspektiven und Werkzeuge zur Bewertung und Handhabung von Sicherheitsrisiken. Die Auswahl und Kombination der geeigneten Methoden hängt von der spezifischen Ausgestaltung des Systems ab. Häufig wird z.B. das Common Vulnerability Scoring System (CVSS) verwendet, welches ein offener Standard zur Bewertung der Schwere von Sicherheitslücken ist. CVSS bietet eine standardisierte Methode, um die Auswirkungen von Schwachstellen zu quantifizieren und zu vergleichen, indem es ihnen eine Nummer (Score) von 0 bis 10 zuweist, wobei höhere Werte auf eine größere Schwere hindeuten. CVSS Scores helfen bei der Priorisierung von Patch- und Mitigationsmaßnahmen basierend auf der potenziellen Auswirkung einer Schwachstelle. Die Bewertung von Schwachstellen kann über Blackbox-/ Whitebox-Analysen und Penetrationstest erfolgen. Diese ermöglichen unterschiedliche Perspektiven und Herangehensweisen zur Bewertung der IT-Sicherheit.

Rechtliche Rahmenbedingungen

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für IT-Sicherheit sind durch nationale und internationale Gesetze, Richtlinien und Verordnungen gegeben. Diese Vorschriften zielen darauf ab, ein Mindestniveau an Sicherheit für Informationstechnologiesysteme zu gewährleisten und den Schutz personenbezogener Daten zu stärken.

Einige der wichtigsten rechtlichen Rahmenbedingungen sind:

Relevante Standards

Zertifizierungen spielen eine zentrale Rolle im Bereich der IT-Sicherheit, indem sie Standards für Wissen, Fähigkeiten, Praktiken und Prozesse setzen.

Anmerkung JP: Evtl. kürzen.

Entwicklung sicherer Produkte

Anmerkung JP: Evtl. noch SecDevOps ergänzen Der Entwurf, der Betrieb und die Wartung von sicheren Systemen, Prozessen und Produkten wir über das das Security Engineering, einem Teilbereich des Systems Engineering, gewährleistet. Beim Security Engineering geht es darum, angemessenen Schutz vor den Risiken, Bedrohungen und Schwachstellen zu bieten. Der Security Engineering Prozess ist ein systematischer und strukturierter Ansatz, um sicherzustellen, dass Sicherheitsanforderungen während der gesamten Lebensdauer eines Systems oder Produktes berücksichtigt und implementiert werden. Dies schließt die Konzeption, Entwicklung, Implementierung, Wartung und Außerbetriebnahme ein. Im Folgenden wird der Security Engineering Prozess in seinen grundsätzlichen Schritten erläutert:

  1. Identifikation und Bewertung der Assets Der erste Schritt besteht darin, die schützenswerten Assets zu identifizieren und zu bewerten. Die Bewertung schließt eine Bestimmung der Wichtigkeit jedes Assets und des potentiellen Schadens bei Verlust, Beschädigung oder Missbrauch ein.
  2. Risikoanalyse Nach der Identifikation und Bewertung der Assets folgt die Risikoanalyse. Dabei werden potenzielle Bedrohungen und Schwachstellen, die die Sicherheit der Assets beeinträchtigen könnten, identifiziert. Die Risikoanalyse bewertet auch, wie wahrscheinlich es ist, dass ein bestimmtes Risiko eintritt, und welchen potenziellen Schaden es verursachen könnte.
  3. Festlegung von Sicherheitszielen und -anforderungen Basierend auf der Risikoanalyse werden Sicherheitsziele und -anforderungen definiert, die die Richtung für die Gestaltung und Entwicklung von sicherheitskritischen Systemen und Produkten vorgeben. Diese Anforderungen beziehen sich in der Regel auf die Integrität, Verfügbarkeit, Vertraulichkeit und Authentizität der Assets.
  4. Entwurf und Entwicklung In dieser Phase werden Sicherheitskonzepte und -maßnahmen entwickelt und in das Produkt oder System integriert. Dies kann die Auswahl sicherer Hardware- und Softwarekomponenten, die Entwicklung sicherer Protokolle und die Implementierung von Kryptografie beinhalten.
  5. Implementierung und Verifikation Nach der Gestaltung und Entwicklung erfolgt die Implementierung der Sicherheitsmaßnahmen. Anschließend wird eine Verifikation durchgeführt, um sicherzustellen, dass die Sicherheitsanforderungen erfüllt sind. Dies kann durch Tests, Code-Reviews und Sicherheitsaudits geschehen.
  6. Betrieb und Wartung Sicherheit ist ein fortlaufender Prozess. Daher umfasst der Security Engineering Prozess auch den Betrieb und die Wartung von Systemen und Produkten, um zu gewährleisten, dass sie sicher bleiben. Dies schließt regelmäßige Updates, Patch-Management und das Monitoring von Sicherheitsvorfällen ein.
  7. Reaktion auf Sicherheitsvorfälle und Wiederherstellung Der letzte Schritt beinhaltet die Entwicklung und Implementierung von Plänen zur Reaktion auf Sicherheitsvorfälle und zur Wiederherstellung nach einem Vorfall. Dies soll sicherstellen, dass ein System oder Produkt nach einem Sicherheitsvorfall schnell wieder in einen sicheren Zustand zurückgeführt werden kann. Der Security Engineering Prozess ist ein zyklischer und iterativer Prozess, der eine kontinuierliche Bewertung und Anpassung der Sicherheitsmaßnahmen erfordert, um mit den sich ständig weiterentwickelnden Bedrohungen Schritt zu halten.

Domänenspezifische Herausforderungen

Die Domänen Embedded Systems, Industrial Control Systems (ICS), Kritische Infrastrukturen (KRITIS), Automotive und Medizintechnik stehen jeweils vor spezifischen Herausforderungen in Bezug auf die Cybersecurity. Diese Herausforderungen ergeben sich aus den besonderen Anforderungen, Einsatzumgebungen und Risiken, die mit jeder Domäne verbunden sind. Im Folgenden wird ein wissenschaftlicher Überblick über diese domänenspezifischen Herausforderungen gegeben: