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content:physische_sicherheit [2025/11/24 17:12] – [Safety & Security in der physischen Sicherheit] drostecontent:physische_sicherheit [2025/12/08 10:26] (aktuell) droste
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-====== Physische Sicherheit - Safety & Security======+====== Physische Sicherheit - Safety & Security ======
  
 Die Disziplin Physische Sicherheit ist Teil der Domäne Security und beschäftigt sich mit Fragen nach der Absicherung von Infrastrukturen, zum Beispiel Gebäuden, Industrieanlagen, Energie- und Verkehrsinfrastrukturen – also gerade auch kritischen Infrastrukturen – gegen physische Angriffe mit dem Ziel des Eindringens und der Schädigung. Schutzmaßnahmen, die Angriffe verhindern oder maßgeblich verzögern können, lassen sich technisch durch Sicherungssysteme aber auch organisatorisch durch Prozeduren wie zum Beispiel Kontrollgänge oder Alarmierungsketten realisieren. Herausforderungen im Zusammenhang mit Safety und Security bestehen insbesondere dadurch, dass die Anforderungen an Safety und Security Maßnahmen oft widersprüchlich sind. Der Brandschutz in Gebäuden zum Beispiel erfordert, dass Fluchtwege jederzeit ungehindert passierbar sein müssen, während die Sicherung gegen das Eindringen von außen erfordert, dass die Wege in eine Infrastruktur beziehungsweise in ein Gebäude durch Zugangsregelung abgesichert und somit ggf. nicht schnell passierbar sind bzw. nur von autorisierten Personen passiert werden können. Die Disziplin Physische Sicherheit ist Teil der Domäne Security und beschäftigt sich mit Fragen nach der Absicherung von Infrastrukturen, zum Beispiel Gebäuden, Industrieanlagen, Energie- und Verkehrsinfrastrukturen – also gerade auch kritischen Infrastrukturen – gegen physische Angriffe mit dem Ziel des Eindringens und der Schädigung. Schutzmaßnahmen, die Angriffe verhindern oder maßgeblich verzögern können, lassen sich technisch durch Sicherungssysteme aber auch organisatorisch durch Prozeduren wie zum Beispiel Kontrollgänge oder Alarmierungsketten realisieren. Herausforderungen im Zusammenhang mit Safety und Security bestehen insbesondere dadurch, dass die Anforderungen an Safety und Security Maßnahmen oft widersprüchlich sind. Der Brandschutz in Gebäuden zum Beispiel erfordert, dass Fluchtwege jederzeit ungehindert passierbar sein müssen, während die Sicherung gegen das Eindringen von außen erfordert, dass die Wege in eine Infrastruktur beziehungsweise in ein Gebäude durch Zugangsregelung abgesichert und somit ggf. nicht schnell passierbar sind bzw. nur von autorisierten Personen passiert werden können.
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 ===== VDI-Richtlinien ===== ===== VDI-Richtlinien =====
-^ Kennung ^ Jahr ^ Titel ^ Anmerkung ^ 
-| [[https://www.dinmedia.de/de/technische-regel/vdi-4062/242588035|VDI 4062]] | 2016 | Evakuierung von Personen im Gefahrenfall | Grundsatzdokument | 
-| [[https://www.dinmedia.de/en/technical-rule/vdi-6010-blatt-1/295044820|VDI 6010 Blatt 1]] | 2019 | Sicherheitstechnische Anlagen und Einrichtungen für Gebäude – systemübergreifende Kommunikationsdarstellungen | Ausgabe 2019-01; inkl. Brandfall-/Gefahrenfall-Steuermatrix, Verantwortlichkeiten | 
-| [[https://www.dinmedia.de/de/technische-regel/vdi-3819-blatt-1/258264260|VDI 3819 Blatt 1]] | 2016 | Brandschutz für Gebäude – Grundlagen, Begriffe, Regeln | — | 
-| [[https://www.dinmedia.de/en/technical-rule/vdi-4705/376568463|VDI 4705]] | 2024 | Aufzüge – Notrufmanagement | 2024-10; Berichtigung 2025-10; Organisation & Technik zur schnellen Befreiung Eingeschlossener | 
-| [[https://www.dinmedia.de/de/normen-produkte/normen-regelwerke/vdi/richtlinienreihe-vdi-3814|VDI 3814]] |  | Gebäudeautomation | Richtlinienreihe; Planung, Funktionen, Management—Grundlage für Alarm-/Ereignis-, Zutritts- und Szenenlogik | 
  
 +^Kennung^Jahr^Titel^Anmerkung|
 +|[[https://www.dinmedia.de/de/technische-regel/vdi-4062/242588035|VDI 4062]]|2016|Evakuierung von Personen im Gefahrenfall|Grundsatzdokument|
 +|[[https://www.dinmedia.de/en/technical-rule/vdi-6010-blatt-1/295044820|VDI 6010 Blatt 1]]|2019|Sicherheitstechnische Anlagen und Einrichtungen für Gebäude – systemübergreifende Kommunikationsdarstellungen|Ausgabe 2019-01; inkl. Brandfall-/Gefahrenfall-Steuermatrix, Verantwortlichkeiten|
 +|[[https://www.dinmedia.de/de/technische-regel/vdi-3819-blatt-1/258264260|VDI 3819 Blatt 1]]|2016|Brandschutz für Gebäude – Grundlagen, Begriffe, Regeln|—|
 +|[[https://www.dinmedia.de/en/technical-rule/vdi-4705/376568463|VDI 4705]]|2024|Aufzüge – Notrufmanagement|2024-10; Berichtigung 2025-10; Organisation & Technik zur schnellen Befreiung Eingeschlossener|
 +|[[https://www.dinmedia.de/de/normen-produkte/normen-regelwerke/vdi/richtlinienreihe-vdi-3814|VDI 3814]]|   |Gebäudeautomation|Richtlinienreihe; Planung, Funktionen, Management—Grundlage für Alarm-/Ereignis-, Zutritts- und Szenenlogik|
  
 ===== 1 Risiko: Definition und Herausforderungen ===== ===== 1 Risiko: Definition und Herausforderungen =====
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 ===== 4 Technologien zur Entkopplung von Safety- und Security-Szenarien ===== ===== 4 Technologien zur Entkopplung von Safety- und Security-Szenarien =====
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 Wie in 3.1 gezeigt, können Safety- und Security-Anforderungen kollidieren; Technologien zur Szenario-Entkopplung können beide Funktionen wirksam und widerspruchsfrei umsetzen. Wie in 3.1 gezeigt, können Safety- und Security-Anforderungen kollidieren; Technologien zur Szenario-Entkopplung können beide Funktionen wirksam und widerspruchsfrei umsetzen.
  
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 ==== 4.1 Grundprinzipien ==== ==== 4.1 Grundprinzipien ====
-(A) Richtungsgebundene Technologien (mechanisch/baulich) 
-Trennung über Bewegungsrichtung/Betätigungsart: innen → außen jederzeit frei (Egress), außen → innen gesichert. 
-Beispiele: Panik-/Notausgangsgeräte EN 1125 / EN 179, Einsteckschlösser nach DIN 18251 in Panikausführung gemäß EN 179/1125, Profilzylinder DIN 18252, Schutzbeschläge DIN 18257, einbruchhemmende Bauteile EN 1627 ff., Drehkreuze/Schleusen mit Rücklaufsperre. 
  
-(B) Sensorgestützte/ereignisgesteuerte Technologien (systemisch) +(A) Richtungsgebundene Technologien (mechanisch/baulich) Trennung über Bewegungsrichtung/Betätigungsart: innen → außen jederzeit frei (Egress), außen → innen gesichert. Beispiele: Panik-/Notausgangsgeräte EN 1125 / EN 179, Einsteckschlösser nach DIN 18251 in Panikausführung gemäß EN 179/1125, Profilzylinder DIN 18252, Schutzbeschläge DIN 18257, einbruchhemmende Bauteile EN 1627 ff., Drehkreuze/Schleusen mit Rücklaufsperre. 
-Erkannte Szenarien (z. B. Brandalarm) schalten auf Fluchtmodus um; Kopplung von BMA (Brandmeldeanlage), EMA (Einbruchmeldeanlage), Zutrittskontrolle und Türen. + 
-Beispiele: Elektrisch gesteuerte Fluchttürsysteme EN 13637 (inkl. verzögerter Freigabe/Fire-Override), Zutrittskontrolle mit brandschutzbedingter Verriegelungsfreigabe, definierte Fail-Safe/Fail-Secure-Strategien.+(B) Sensorgestützte/ereignisgesteuerte Technologien (systemisch) Erkannte Szenarien (z. B. Brandalarm) schalten auf Fluchtmodus um; Kopplung von BMA (Brandmeldeanlage), EMA (Einbruchmeldeanlage), Zutrittskontrolle und Türen. Beispiele: Elektrisch gesteuerte Fluchttürsysteme EN 13637 (inkl. verzögerter Freigabe/Fire-Override), Zutrittskontrolle mit brandschutzbedingter Verriegelungsfreigabe, definierte Fail-Safe/Fail-Secure-Strategien.
  
 ==== 4.2 Rolle der Metriken (Nachweis der Szenariotrennung) ==== ==== 4.2 Rolle der Metriken (Nachweis der Szenariotrennung) ====
-Security (Normalszenario): Widerstands-/Überwindungszeit bzw. Widerstandsklasse (z. B. EN 1627 ff.), ggf. Crash-Rating für Fahrzeugbarrieren (z. B. ASTM F2656). 
-Safety (Gefahrenszenario): Konditionale Egress-Verfügbarkeit A_egress|Gefahr ≈ 1, Ein-Aktions-Öffnung, Öffnungskraft, stromlos sicheres Öffnen (Fail-Safe in Fluchtrichtung). 
-Zeitkette (Detection–Release–Evacuation): T_det + T_release + T_evac ≤ T_krit (z. B. ASET/RSET-Logik). 
  
-Sensorgestützt (nur B): Quantifizierbare Parameter wie Falsch-Negativ- oder Falsch-Positiv-Raten der Sensorik, Mode-Wechsel-Latenz T_release, Tür-/Riegelzustandsüberwachung, Notstrom-Autonomie. +Security (Normalszenario): Widerstands-/Überwindungszeit bzw. Widerstandsklasse (z. B. EN 1627 ff.), ggf. Crash-Rating für Fahrzeugbarrieren (z. B. ASTM F2656). Safety (Gefahrenszenario): Konditionale Egress-Verfügbarkeit A_egress|Gefahr ≈ 1, Ein-Aktions-Öffnung, Öffnungskraft, stromlos sicheres Öffnen (Fail-Safe in Fluchtrichtung). Zeitkette (Detection–Release–Evacuation): T_det + T_release + T_evac ≤ T_krit (z. B. ASET/RSET-Logik). 
-Zuverlässigkeit/Fehlerfall: Fehlerstellungslogik (Stromausfall/Busfehler), optional PFD_avg der Freigabekette; Prüf-/Wartungsintervalle als Performance-Parameter.+ 
 +Sensorgestützt (nur B): Quantifizierbare Parameter wie Falsch-Negativ- oder Falsch-Positiv-Raten der Sensorik, Mode-Wechsel-Latenz T_release, Tür-/Riegelzustandsüberwachung, Notstrom-Autonomie. Zuverlässigkeit/Fehlerfall: Fehlerstellungslogik (Stromausfall/Busfehler), optional PFD_avg der Freigabekette; Prüf-/Wartungsintervalle als Performance-Parameter.
  
 ==== 4.3 Nachweis und Abnahme ==== ==== 4.3 Nachweis und Abnahme ====
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   * Bauteilnachweis: Normprüfungen nach EN 1125 / EN 179 / EN 13637 / EN 1627 ff. / DIN 18251/-252/-257, ggf. ASTM F2656.   * Bauteilnachweis: Normprüfungen nach EN 1125 / EN 179 / EN 13637 / EN 1627 ff. / DIN 18251/-252/-257, ggf. ASTM F2656.
   * Systemtest: szenariobasierte Integrations- und Zeittests (Brand → Freigabe → Tür frei; Außenangriff → Verzögerung).   * Systemtest: szenariobasierte Integrations- und Zeittests (Brand → Freigabe → Tür frei; Außenangriff → Verzögerung).
   * Betrieb: wiederkehrende Funktionsprüfungen/Alarmübungen, Störungs-Monitoring; klare Priorisierung (i. d. R. Brand > Lockdown); einheitliche Fail-Safe/Fail-Secure-Regeln dokumentieren.   * Betrieb: wiederkehrende Funktionsprüfungen/Alarmübungen, Störungs-Monitoring; klare Priorisierung (i. d. R. Brand > Lockdown); einheitliche Fail-Safe/Fail-Secure-Regeln dokumentieren.
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 ===== Quellen ===== ===== Quellen =====