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| - | |ISO/IEC 62443|-|Industrielle Kommunikationsnetze - IT-Sicherheit für Netze und Systeme|-| | + | |[[https:// |
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| Bei der Verwendung des Risikobegriffs beim Schutz kritischer Infrastrukturen muss auf zwei Ebenen differenziert werden. Zum einen ist eine Unterscheidung zwischen frequentistisch auftretenden operationalen, | Bei der Verwendung des Risikobegriffs beim Schutz kritischer Infrastrukturen muss auf zwei Ebenen differenziert werden. Zum einen ist eine Unterscheidung zwischen frequentistisch auftretenden operationalen, | ||
| - | Frequentistisch auftretende Risiken sind ganz überwiegend der Safety zuzuordnen, wobei hier einschlägige Normen bspw. aus dem Bereich der funktionalen Sicherheit | + | Frequentistisch auftretende Risiken sind ganz überwiegend der Safety zuzuordnen, wobei hier einschlägige Normen bspw. aus dem Bereich der funktionalen Sicherheit Verwendung finden. Zusätzlich gibt es hier in Teilbereichen, |
| Nicht frequentistisch auftretende Bedrohungslagen, | Nicht frequentistisch auftretende Bedrohungslagen, | ||
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| |**Safety** |**Cyber-Security** | | |**Safety** |**Cyber-Security** | | ||
| - | |Grundsätzlich werden Bedrohungen bzw. daraus resultierende Risiken bei der Analyse der Sicherheit kritischer Infrastrukturen auf Basis von Szenarien betrachtet (s.a. Abschnitt 2). Das bedeutet, dass nach einer Identifikation möglicher Szenarien sowohl deren Schadenspotential als auch die Verwundbarkeit der analysierten Infrastruktur ermittelt werden. Daraus ergibt sich ein dreigliedriger Risikoansatz | + | |Grundsätzlich werden Bedrohungen bzw. daraus resultierende Risiken bei der Analyse der Sicherheit kritischer Infrastrukturen auf Basis von Szenarien betrachtet (s.a. Abschnitt 2). Das bedeutet, dass nach einer Identifikation möglicher Szenarien sowohl deren Schadenspotential als auch die Verwundbarkeit der analysierten Infrastruktur ermittelt werden. Daraus ergibt sich ein dreigliedriger |
| === Risikoanalyse === | === Risikoanalyse === | ||
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| ===== 2 Durchführung von Risikoanalysen ===== | ===== 2 Durchführung von Risikoanalysen ===== | ||
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| - | ==== Safety ==== | ||
| Die Risikoanalyse folgt dem dreigliedrigen Risikomodell. Das Ziel der Analyse ist in der Regel die Ermittlung und Charakterisierung von Risiken, die wie in Abschnitt 1 genannt dazu führen können, dass das System kritische Zustände im Bezug auf seinen eigentlichen Zweck, d.h. meist die Versorgung der Bevölkerung erreicht. Hierfür werden für die betrachtete Infrastruktur zumeist Indikatoren identifiziert, | Die Risikoanalyse folgt dem dreigliedrigen Risikomodell. Das Ziel der Analyse ist in der Regel die Ermittlung und Charakterisierung von Risiken, die wie in Abschnitt 1 genannt dazu führen können, dass das System kritische Zustände im Bezug auf seinen eigentlichen Zweck, d.h. meist die Versorgung der Bevölkerung erreicht. Hierfür werden für die betrachtete Infrastruktur zumeist Indikatoren identifiziert, | ||
| - | Grundsätzlich basiert die eigentliche Risikoanalyse auf Szenarien, die mit systematischer Szenarioanalyse entwickelt werden. Die so ermittelten Gefahren und Bedrohungen werden dann in zwei Schritten untersucht: Zunächst wird ermittelt, welche Stressoren | + | Grundsätzlich basiert die eigentliche Risikoanalyse auf Szenarien, die mit systematischer Szenarioanalyse entwickelt werden. Die so ermittelten Gefahren und Bedrohungen werden dann in zwei Schritten untersucht: Zunächst wird ermittelt, welche Stressoren sich ergeben können und mit welcher Wahrscheinlichkeit diese wie schwere Auswirkungen auf die betroffenen Teilkomponenten ergibt. In einem zweiten Schritt wird zusätzlich ermittelt, wie diese Zwischenfälle über indirekte Effekte und die systemische Ausbreitung zu Systemausfällen und infrastrukturübergreifenden Kaskadeneffekten führen können. |
| Im Bereich der Ermittlung der Stressoren sind fehlende Evidenz und nicht frequentistische Eintrittswahrscheinlichkeiten der Gefahren oder Bedrohungen ein Hindernis. Die resultierenden epistemischen Unsicherheiten führen dazu, dass oft im Sinne von Use-Cases bzw. „what-if“-Szenarien vorgegangen wird. Alternativ werden relative Eintrittswahrscheinlichkeiten geschätzt. | Im Bereich der Ermittlung der Stressoren sind fehlende Evidenz und nicht frequentistische Eintrittswahrscheinlichkeiten der Gefahren oder Bedrohungen ein Hindernis. Die resultierenden epistemischen Unsicherheiten führen dazu, dass oft im Sinne von Use-Cases bzw. „what-if“-Szenarien vorgegangen wird. Alternativ werden relative Eintrittswahrscheinlichkeiten geschätzt. | ||
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| Im Bereich der Bedrohungen durch Angriffe gibt es neben quantitativen auch qualitative Ansätze zur Verwundbarkeitsanalyse. Quantitative Ansätze arbeiten zumeist modellbasiert, | Im Bereich der Bedrohungen durch Angriffe gibt es neben quantitativen auch qualitative Ansätze zur Verwundbarkeitsanalyse. Quantitative Ansätze arbeiten zumeist modellbasiert, | ||
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| - | === Indikatoren === | ||
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| === Szenarioanalyse === | === Szenarioanalyse === | ||
| - | Die bspw. mittels morphologischer Analyse ermittelten Szenarien charakterisieren die mögliche Bedrohungslage, | + | Die bspw. mittels morphologischer Analyse ermittelten Szenarien charakterisieren die mögliche Bedrohungslage, |
| + | - Tabelle 1 Szenariofaktoren nach Garcia\\ | ||
| + | Durch die Sammlung weiterer Faktoren können die Szenarien genauer beschrieben werden. Dies Auswahl möglicher Szenarien sollte systematisch erfolgen, bspw. über Konsistenzanalyse oder die Methode des Cross-Impact-Balancing (Quelle). Auf diese Weise können inkonsistente Szenarien aus der Analyse eliminiert und durch Experten als besonders stark zusammenhängende Szenarien gefiltert werden. | ||
| - | === Angriffe (Security) === | + | ==== Security |
| - | Die physische Sicherheit | + | Die [[content: |
| - | === Naturgefahren === | + | ==== Safety / Naturgefahren ==== |
| + | Im Bereich der Naturgefahren für KRITIS werden überwiegend Ansätze verfolgt, die auf die Auswirkungen möglicher Extremwetterereignisse fokussieren. Ähnlich wie im Bereich der Security sind tatsächlich eintretende Ereignisse selten, eine frequentistische Betrachtung jedoch näherungsweise möglich. Bedingt durch die Komplexität der Extremwetterereignisse und der vernetzten Struktur der KRITIS ist es jedoch nur schwer möglich ausschließlich risikobasiert zu arbeiten: Die Ausprägung der Extremwetterereignisse kann stark variieren und das Verhalten der komplexen vernetzten KRITIS ist nur schwer exakt vorherzusagen. Das Konzept der Resilienz nähert sich dieser Problematik mit einem systematischen Ansatz, der auf die Analyse und Minderung von Auswirkungen zielt. KRITIS werden hierbei als Bereitsteller essentieller Services für die Gesellschaft betrachtet, wobei der Output der jeweiligen Infrastruktur, | ||
| - | === Auswirkungs- und Kritikalitätsanalyse === | ||
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| - | * Wie werden Risikoanalysen in Ihrer Disziplin durchgeführt? | ||
| - | * Welche Metriken kommen hierbei zum Einsatz? | ||
| - | * Wie treten Wechselwirkungen der Domänen Safety und Security in der Risikoanalyse in Ihrer Disziplin in Erscheinung und wie werden diese behandelt? | ||
| ==== Cyber-Security ==== | ==== Cyber-Security ==== | ||
| - | Im Rahmen des Risikomanagements sind die Schutzziele Verfügbarkeit, | + | Im Rahmen des Risikomanagements sind die Schutzziele Verfügbarkeit, |
| === Umgang mit Risiken === | === Umgang mit Risiken === | ||
| - | Bei KRITIS reicht meist nicht auf der Basis von betriebswirtschaftlichen Aspekten Risiken und Schutzbedarfe zu betrachten. Die möglichen Folgen für die Allgemeinheit durch z. B. einen großflächigen Stromausfall sind zu berücksichtigen. Bei der Auswahl und Umsetzung von Schutzmaßnahmen muss abgewägt werden zwischen den möglichen Folgen für die Allgemeinheit und dem Aufwand zum Schutz vor möglichen Angriffen und Beeinträchtigungen. Die Sicherheitsvorkehrungen müssen dabei dem Stand der Technik entsprechen. | + | Bei KRITIS reicht meist nicht auf der Basis von betriebswirtschaftlichen Aspekten Risiken und Schutzbedarfe zu betrachten. Die möglichen Folgen für die Allgemeinheit durch z. B. einen großflächigen Stromausfall sind zu berücksichtigen. Bei der Auswahl und Umsetzung von Schutzmaßnahmen muss abgewägt werden zwischen den möglichen Folgen für die Allgemeinheit und dem Aufwand zum Schutz vor möglichen Angriffen und Beeinträchtigungen. Die Sicherheitsvorkehrungen müssen dabei dem Stand der Technik entsprechen. |
| === Maßnahmenumsetzung === | === Maßnahmenumsetzung === | ||
| Grundsätzlich sind alle für die Aufrechterhaltung der kritischen Dienstleistung erforderlichen Maßnahmen umzusetzen. Alle lediglich in Planung befindlichen Maßnahmen – beispielsweise im kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP), im Umsetzungsplan oder im Risikobehandlungsplan – müssen in die Auflistung der Sicherheitsmängel gemäß § 8a (3) BSIG aufgenommen werden. Zur Bewertung dieser Mängel sollten auch erklärende Dokumente wie die Mängelbewertung, | Grundsätzlich sind alle für die Aufrechterhaltung der kritischen Dienstleistung erforderlichen Maßnahmen umzusetzen. Alle lediglich in Planung befindlichen Maßnahmen – beispielsweise im kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP), im Umsetzungsplan oder im Risikobehandlungsplan – müssen in die Auflistung der Sicherheitsmängel gemäß § 8a (3) BSIG aufgenommen werden. Zur Bewertung dieser Mängel sollten auch erklärende Dokumente wie die Mängelbewertung, | ||
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| - | === Vorgehensweisen nach BSI IT-Grundschutz bzw. ISO 27001 === | ||
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| - | Im Folgenden werden die Vorgehensweisen nach ISO 27001 und BSI IT-Grundschutz beschrieben. Die Abbildung zeigt die Vorgehensweise die sich bei IT-Grundschutz und der ISO 27001 nur im Detail unterscheiden. Im Kern steht der Plan-Do-Check-Act-Zyklus. Dieser beginnt mit der Auswahl einer Methode zur Risikoanalyse. | ||
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| - | Hinsichtlichlich der Risikoanalyse machen beide Standards keine Vorgaben, ob diese qualitativ oder quantitativ zu erfolgen haben. Es werden jedoch Hinweise zu beiden Varianten gegeben. Der IT-Grundschutz setzt im Wesentlichen auf eine qualitative Bewertung, da „Die quantitative Risikobetrachtung ist sehr aufwändig und setzt umfangreiches statistisches Datenmaterial voraus. Solche umfangreichen Erfahrungswerte fehlen in den meisten Fällen im sehr dynamischen Umfeld der Informationssicherheit. Daher ist es in den meisten Fällen praktikabler, | ||
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| - | In ISO 27005 gibt es einen ähnlichen Hinweis zum Gebrauch der quantitativen Bewerteung: „A disadvantage is the lack of such data on new risks or information security weaknesses. A disadvantage of the quantitative approach may occur where factual, auditable data is not available thus creating an illusion of worth and accuracy of the risk assessment.“ (ISO/IEC, 2018-07) | ||
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| - | Daher wird in den meisten Fällen auf eine qualitative Bewertung zurückgegriffen. Der IT-Grundschutz bietet eine Auswahl an elementaren Gefährdungen, | ||
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| - | Gefährdungen aus anderen Domänen lassen sich in die Vorgehensweise integrieren. Die entstehenden Risiken für das gesamte Unternehmen, | ||
| ===== 3 Domänenübergreifende Zusammenführung ===== | ===== 3 Domänenübergreifende Zusammenführung ===== | ||
| Im Rahmen der IT-Sicherheit gibt es unterschiedliche Ansätze der Sicherheitsbetrachtung. Diese reichen von Produktuntersucherungen/ | Im Rahmen der IT-Sicherheit gibt es unterschiedliche Ansätze der Sicherheitsbetrachtung. Diese reichen von Produktuntersucherungen/ | ||
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| - | - Werden | + | Eine methodische Zusammenführung ist schwierig, da zwar in beiden Domänen risikobasierte Analysen zum Einsatz kommen, diese jedoch unterschiedliche Ziele verfolgen und mögliche Maßnahmen jeweils zu einem Zielkonflikt zwischen beiden Domänen führen. Zielführend erscheint für den Bereich KRITIS im Bereich des Schutzes vor Naturgefahren und Angriffen die Verknüpfung beider Domänen über das Ziel einer Minimierung der Auswirkungen auf die kritischen Services. Insbesondere ist es hier sinnvoll, Aufwand-Nutzen Analysen durchzuführen, |
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| - | - Wie könnte ein gemeinsamer Nenner für die Quantifizierung von Risiken in Safety- und Security Modellen aussehen? | + | |
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| - | </ | + | ==== Wechselwirkungen zwischen Safety und Security ==== |
| + | Anforderungen aus den Bereichen Safety und Security können sich im Bereich der kritischen Infrastrukturen widersprechen. Dies ist insbesondere begründet in den erhöhten Anforderungen an die Security für kritische Infrastrukturen. Gleichzeitig ergeben sich für hoch frequentierte Verkehrsinfrastrukturen wie Flughäfen hohe Anforderungen an die Safety, z.B. bei der Entfluchtung. Im KRITIS-Sektor Energie sind die besonderen Gefahren im Bereich der Gefährdung von Arbeits- und Einsatzkräften zu berücksichtigen. | ||
| + | Beispielsweise bedeutet dies an Flughäfen, dass Übergänge vom öffentlichen Bereich in die Sicherheitszone des Flughafens durch geschützte Zugänge abgesichert sind. Gleichzeitig können diese geschützten Zugänge jedoch Teil von Fluchtrouten im Brand- oder Panikfall sein. Aus diesem Grund Grund können diese Zugänge durch spezielle Taster bei Bedarf bzw. automatisch im Brandfall geöffnet werden. Der Widerspruch in den Anforderungen wird hier durch Entkopplung der Szenarien erreicht. Mittels manueller oder automatisierte Informationsbeschaffung wird innerhalb eines definierten Zeitintervalls entschieden, | ||
| + | Die Anforderungen an die Safety von Einsatzkräften bei Betreten von KRITIS im Bereich der Energieversorgung haben zur Folge, dass die Polizei im Falle von Angriffen auf z.B. Umspannwerke die Infrastruktur selbst nicht selbständig betreten dürfen. Hier ist die Gefahr durch Schäden an Leib und Leben durch Hochspannung zu groß. Das bedeutet, dass auch im Falle eines Angriffes, bei dem sich Angreifer im Umspannwerk befinden, Einsatzkräfte auf das Eintreffen eingewiesener Mitarbeiter des KRITIS-Betreibers warten müssen. In diesem Fall wird Safety priorisiert, | ||
| ===== Quellen ===== | ===== Quellen ===== | ||